Mittwoch, 27. April 2011

Interstate 60: Episodes of the Road (2002)


Interstate 60 (oder „Beverly Hills 60“)
Bob Gale fand Road Movies irgendwie gut und entschied sich 2002 dazu, einen Film zu veröffentlichen, in welchem er sich erst mal Freiheiten nimmt, um dann einen künstlerisch und moralisch wertvollen Meilenstein zu legen. Nachdem er eine gute Crew und bekannte Namen zusammengestellt hatte, scheiterte er an seinen Fähigkeiten. Meiner Meinung nach ist ihm sehr wenig gelungen.
So bepisst sein Film das Road Movie Genre, in dem es neben Identitätsfindung auch um Lebensgefühl und Freiheit geht und ist eine Beleidigung für all die
runtergerockten "Auf-die-Kacke-Hauer" die in anderen Filmen für Ideale gekämpft haben und ihre Leben lassen mussten.


Inhaltsangaben
Der Film beginnt mit einem kurzen Auftritt von Michael J. Fox, der nicht in bunten 80´s Klamotten und einem Hoverboard auftritt, sondern edel im Anzug einen Fremden rettet. Dieser sollte vom Laster überfahren werden, wird aber noch vor dem Tod gerettet. Diese Aktion muss Fox mit einem beschmutzten Hemd bezahlen. Er wünscht sich, dass der Laster ihn nicht bespritzt hätte – fatal!

Der Typ der vor dem Kraftwagen gerettet worden ist, heißt O.W. (One Wish) und gewährt Leuten einen Wunsch der sicher in Erfüllung geht. Also geht in dem Film die Zeit zurück, die Szene beginnt wieder gleich – doch endet sie anders. Anstatt das Hemd mit Straßenschlamm zu bespritzen, wird nun Michael J. Fox überfahren.
Neil Oliver wird 22 und lernt auf der Geburtstagsfeier O.W. kennen, als dieser mitbekommt, was der Milchbubi sich wünscht: „eine Antwort für sein Leben“.

"Ich glaub mich raucht der Affe! It´s old, man!"
Für genügend Geld pafft Gary nicht nur Affenarschhaare aus der Schimpansenschrumpfschädelpfeife
sondern macht sich auch noch zu einen...



Das Karma wirft dann dem Pomadenhengst einen Eimer auf den Kopf und bringt diesen ins Krankenahaus. Dort schiebt er einen Mega-Film, welcher sich als Kernpunkt der Handlung rausstellt.

Ab diesem Zeitpunkt, checkt der Adonis mehr oder weniger im Traum auf der fiktiven Route 60 herum und muss ein Paket nach Danver (nicht Denver) bringen, wo auch seine große Liebe sitzen soll. Er kommt in immer neue Städte und Regionen, deren Zukunft durch den Sunnyboy stets beeinflusst wird.In dieser Review wird aber schon so viel gespoilert, dass die Begegnungen nicht auch noch erwähnt werden sollen.

"GUCK MAL GARY! Das ist mein Freund die Kugel!
Ich glaube er will uns sagen das wir einen Achter im Reifen haben!"

"Bitte halt dein Maul du Hackfresse und fahr weiter!
Die einzige Kugel die ich sehen will, ist die in deinem Kopf!"


Sein treuer Begleiter (und Gesprächspartner) ist dabei stets ein riesengroßer Billardball – klischeegemäß die schwarze Acht. Diese gibt ihm immer eine Antwort, was er sich ja zum Geburtstag gewünscht hatte und ist
gleichzeitig eine Anspielung auf ein beliebtes Laster der feinen Gesellschaft:
Der urbane Slang umschreibt mit einem "eight ball" eine bereits abgepackte, verkaufsfertige Menge von Kokain. Wahrscheinlich kam unser High-Society-Depp erst durch ausgiebigen Konsum dieses Marschpulvers auf die gewagte Idee, er wäre zu irgendetwas Höherem berufen als seiner simplen Existenz als Friseurmodell.

Letztendlich läuft seine Reise darauf hinaus, am Ende entweder den Auftrag zu erfüllen und seiner Billardkugel zu folgen oder seine große Liebe zu behalten und entgegen des Rates eines Plastikballs den eigenen Weg zu gehen. So muss er die Billardkugel in den Sand setzen und selber eine Antwort finden.
Zwar wollte er immer gesagt bekommen, was er zu tun hat, aber so wird auch das Schmalzlökchen zum Mann.
Wie auch immer - er erwacht aus seinem Traum und weiß dann was er mit seinem Leben anzufangen hat…


Interpretation

Der Regisseur hat sich für einen Roadmovie - entgegen den etablierten Road Movie Regeln - einen Schönling geholt, der nicht aufgrund seiner Rennkarriere oder kriminellen Vergangenheit zu einem Status gekommen ist. Viel mehr ist dieser Schauspieler ein Random-Metrosexueller, der mehr Wert auf seine perfekt sitzende Frisur legt, als auf eine Entscheidung bezüglich seiner beruflichen Zukunft.
Der Vater - ein mächtiger Wirtschaftsmogul - will, dass Sohnemann in sein Unternehmen einsteigt, doch Bubi weiß nicht so recht ob er zum Kapitalistenschwein werden will. Nein, eher anders, bevorzugt er den Pinselstrich. Sowohl mit Acrylfarbe auf Leinwand, als auch mit Schminke auf seiner Haut. Neil Oliver sieht, bevor ins Krankenhaus kommt, noch ein Plakat mit der Nymphomanin aus Crank, welche er gerne bei einem Pferderennen durchnehmen würde. Diese findet er dann im Frauenknast wieder (aufgrund seines zarten und gepflegten Aussehens, war die Eingliederung in den Männerknast unmöglich). Sie kennt ihn zwar noch nicht, findet ihn aber nach der ersten Vorstellung ganz sympatisch. Wie die Geschichte ausgehen wird, kann man sich als Hollywood-Mainstream-gef*ckter schon denken.
"Aber Mama, du hast mir immer erzählt mein Gesicht wäre abwaschbar!"
Die Reise auf der Route 60 führt ihn mit seinem – zumindest für Deutsche – Standardvehikel der Mittelklasse, einem BMW Cabrio Compact. Der Fatzke steht zwar nicht auf die rote Farbe des Wagens, allerdings passt diese ganz gut zu seinem Aussehen. Als Regisseur hätte ich aber die Gedanken bis zum Ende geführt und ihm eine Schweinchen-rosa Lackierung verpasst – und freilich Plüschhandschellen unter dem Rückspiegel installiert.
Im Endeffekt ist der Film eine Reise durch das Innere des Protagonisten - eine Abhandlung seines Unterbewusstseins. Nach der Fahrt auf der Route 60, gewinnt der Schönling an Selbstvertrauen und ist fähig den Weg einzuschlagen, welchen er sowieso schon die ganze Zeit wollte, aber bisher nicht den Mut aufbringen konnte. Das paradoxe ist aber die Ausführung der Rebellion: der Knabe der Vati’s Lebensstil nicht so hip findet, lässt es sich mit dessen Kohle gut gehen und fährt den Wagen, den er zum Geburtstag bekommen hat. Die Benzinrechnung dürfte auch an den alten Herrn gestellt werden.

Die einzige Chance, die ich noch sehe, ist eine Neuverfilmung. Hier kann der nächste Regisseur den pubertären Aufstand vielleicht mal konsequent umsetzen: der Lackaffe, der des Vaters Wagen nicht haben will, soll gefälligst zu Fuß laufen…



Analyse
Landschaft:
Entgegen dem Roadmovie Standard, fehlt hier weitestgehend die Verherrlichung der weiten Wüstenebenen und massiven Canyons. Zwar fährt der Protagonist durch schöne Gebiete, allerdings filmt die Kamera meist die Frisur des Playboys. Tja, da hatte man sich als Road Movie Freund wohl mehr erwartet.

Vehikel:
Für mich gehört zu einem Road Movie ein antikes Stück Mechaniker-Historie. Legendäre Motorräder der Marke Harley und einem Custom Tuning wie zum Beispiel in Easy Rider oder Amerikanische Muscle-Cars mit ihrem dröhnenden Motorenlärm, Benzinhunger und anti-europäischer Optik. Diese bringen dann auch das Feeling des ‚Besonderen‘ und wissen gut zu gefallen. In Interstate 60 allerdings, fährt der Neil mit einem durchschnittlichen BMW durch die Gegend, den sogar Angehörige der Multiplen Filmstörung besitzen. Sicherlich, der bayrische Motorenhersteller macht grundsolide Autos, die sich wunderbar fahren lassen und wirklich qualitativ produziert worden sind. Allerdings würde ich mir für eine Amerika Reise ein Auto oder Motorrad leihen/kaufen/klauen, dass außergewöhnlich ist – sowohl optisch, als auch unter der Haube. Tja, da hatte man sich als Road Movie Freund wohl mehr erwartet.

Weggefährten:
O.W. ist der erste und lange verweilende Wegbegleiter. Klassisch mitgenommen: am Straßenrand, mit gehobenem Daumen. Er erzählt ein paar Sachen, aber die Rolle als Dschini wurde oben bereits ausreichend beschrieben und muss hier nicht mehr weiter erklärt werden.
Der zweite zustoßende Mitreisende ist eine hübsche Frau. Keiner kennt sie und ihr Leben ist auch nicht wirklich interessant – so wird das Gelaber auf ein Minimum reduziert und sie packt ihre große Kondom Sammlung aus. Kurz vor dem Gangbang, zeigt aber O.W. seinen anscheinend schrecklich hässlichen Penis, was zum Ekel der Wanderhure führt und zu dem Verlust einer optisch anreizenden Gallionsfigur.
Nicht so hübsch ist die dritte Mitfahrerin. Eine Mutti, die eigentlich nur ihren drogensüchtigen Sohn im Kopf hat. Dieser Affe hat Zucker bekommen und ist nur noch unterwegs. Dies in einer Stadt, in der alle unterwegs sind und die Droge sogar legalisiert worden ist. 
Alle haben ihre Zuckerstangen in der Hand (diese sollte jeder aus seiner Kindheit kennen) und konsumieren stets. Die Aufnahme der Glucose führt strikt zu einer Euphorisierung und lässt alles Negative vergessen. Coole Sache, wenn man bedenkt, dass sich jedes Kind für 20 Cent in einem Lotto-Totto Laden eindecken kann.
Der vierte Begleiter ist ein augenscheinlicher Business-Man. Kaum eingestiegen, packt er einen Vertrag aus, der dem Driver aber nur Gutes bringt. Während der Fahrt fällt dann auf, dass er einen Wahrheitstick hat und extrem Wert auf das Gesagte legt. Als ein komischer Penner herum lügt und das eigentlich für Essen erbettelte Geld, dann für Alkohol ausgeben will, zeigt der Beifahrer was in ihm bzw. unter seiner Jacke steckt. Ein Bombengürtel, mit dem er die Integrität oder Aufrichtigkeit der Mitmenschen erpresst. Zwar mag dies erschreckend wirken, aber verschiedene Extremisten haben bereits bewiesen, dass ihr Mangel an Eloquenz auch durch einen Überschuss an Sprengstoff ersetzt werden kann. Ein netter Gag, um seine Meinung durch zu boxen, aber als Charakteristikum wirkt dies ziemlich arm.
Der letzte Follower, ist dann die Blüte aus den Träumen des Protagonisten, bzw. an den Plakaten der Strassenecke. Auf der Reise passiert recht wenig, deswegen wird hier nicht mehr viel  Handlung beschrieben.
Erwähnenswert ist allerdings, dass die Frau an der frischen Luft und im Sonnenschein besser aussieht, als in dunklen Räumen. Den gegenteiligen Effekt mag man aus der Szene kennen, in der das Licht noch rot scheint und die Atmosphäre eher schmuddelig ist. Dieser inszenierte Kontrast ist sicher so gewollt, das Mädchen wird als etwas Besonderes hervorgehoben. Dies ist einer der wenigen Erfolge in diesem Film.

"Bitte sei jetzt nicht böse Kugelkumpel! Ich hab dich doch auch lieb!
Wir können ja mal versuchen ob du auch in eins von ihren lustigen Löchern passt!
Und wenn das nicht klappt schlagen wir ihr zusammen den Schädel ein, versprochen!"


Musik:
Die Musik in diesem Film ist auf keinen Fall erwähnenswert. Drei Titel werden genannt, dies reicht um ein umfassendes Bild zu erstellen: „Broken Heart For Sale (Heather Myles)“, "Daily Life (Lee Chu Kiong)“ und „Everything In The World (Starling )". So 08/15 wie ihre Titel, sind auch die Stücke. Keine ‚funky sounds‘, kein Rock Feeling, keine Hippie-Konzerte – so Mainstream wie der Film ist auch die Auswahl des Scores.

Reisemotiv:
Kein Krummer Deal und keine Flucht vor amerikanischen Cops. Nicht Ausbruch aus den engen Fängen der Gesellschaft oder die Suche nach Freiheit sind der Impetus der Reise. Nein, in diesem Streifen spielt die pubertäre Rebellion gegen Vaters Wille die Hauptrolle.
…„Der folgende Film ist nicht geeignet für Zuschauer über 16 Jahren“…



Diagnose
Anstatt unbequeme Wege zu beschreiten/befahren, die vielleicht weitaus prägendere Erfahrungen zu bieten hätten, bleibt sowohl Film als auch Protagonist stur, wie auf Navi programmiert, auf der Mainstreet, also auf der Autobahn des Hollywood Mainstreams. 
Auch ist die Moral nicht unbequem wie eine enge Parklücke, sondern wird hollywoodkonform für Jedermann verständlich serviert. Würde man diesen Film mit anderen Road Movie Perlen vergleichen, könnte der Rezensent meinen, von einem Oldschool-Bulliden ohne Servolenkung auf einen VW Fox mit automatischer Einparkhilfe umsteigen zu müssen.
Für Filmliebhaber, die sich einen Deep-Feeling Film erwarten, dürfte dieser Film ein Hieb in die Klöten darstellen. Für Liebhaber des Popcorn Kinos oder Zuschauer schmalspurigen Geistes, welche Erfüllung darin finden, die einfachsten Zusammenhänge zu verstehen, könnte dieser Film eine Genugtuung sein.
"HÄÄÄÄH? Kugelkoma? Alles nur geträumt?
WIE? Mein Papa hat mich geschwängert? WAS?
Aber ich hab doch "Eight Ball" versprochen
das wir Urlaub im Kugellager machen!


Zum Schluss möchte ich noch sagen, dass ich der Bitte eines sehr guten Freundes, den Film nicht zu schlecht wegkommen zu lassen, leider nicht folgen konnte. Die erste oberflächige Sichtung, ließ den Film als Hollywood Produktion fast noch neutral im Geiste zurück. Die zweite, nun kritisch-analytische Auseinandersetzung, zeigte aber, dass noch weniger Inhalt geboten wird als vermutet. 
Wer zum Teufel hat den Film auf IMDB geratet?

4 Hasst uns! Beschimpft uns! Lasst es raus!:

Schmalzlerfranzl hat gesagt…

Also ganz so schlimm, wie sie ihn darstellen Herr Professor, fand ich ihn nun nicht! :)
Zwar kein Stern am Filmmel, aber dennoch ein kurzweilig unterhaltsamer, verrückter Sonntagsfilm, bei dem mein sein Gehirn auch gerne mal pausieren lassen kann.
Beste Grüße, Schmalzlerfranzl

Anonym hat gesagt…

Die Zensurmaßnahmen auf eurer Seite beeindrucken mich immer wieder...und ich muß es schließlich wissen da ich früher für die Stasi gearbeitet habe...mfg Stasinyminus

Anonym hat gesagt…

Schlecht, schlechter, ganz schlecht.

Nicht der film sondern das vor (schlechter)Subjektivität strotzende review. Eine Schande fuer diese großartige Seite.

Bartel - Der Dranzer hat gesagt…

Da ich selbst zu simpel gestrickt bin um zu verstehen was es im Rahmen einer Kritik mit Subjektivität auf sich hat, kann ich meinen werten Kollegen Professor Adalbert nur insofern verteidigen das er ganz sicherlich eine gewisse
(sei diese nun schlecht oder nicht) Unterworfenheit gegenüber dem wahrhaftigen Kintopp pflegt...so wie wir das alle hier tun.
Danke aber für diesen konstruktiven Tadel.
Das wir eine großartige Seite sind ist wirklich eine Schande! :D