Montag, 25. April 2011

Easy Rider (1969)


Easy Rider (oder "Hobo with no gun")

Im Jahre 1969 brachte Dennis Hopper eine Perle des Road Movie Genres heraus. Easy Rider polarisierte die Gesellschaft Amerikas. Einerseits waren Zuschauer durch das Freiheitsgefühl und die Lust auf Abenteuer inspiriert, andererseits verkrafteten die Kautabak kauenenden, geistig maximal lokal beschränkten Südamerikaner die Gesellschaftskritik nicht und reagierten sehr uneasy. Vielleicht war dies der Grund, warum der Film um zwei lockere Biker so viel Popularität erlangen konnte und das Hollywood Business nachhaltig verändern sollte.

Wyatt: "Cowboys tragen keine Sonnenbrillen!"
Billy: "Captain America nimmt kein LSD!"
Identitätskrisen und Ehestreitereien eines individuellen Pärchens.
Nach einem Kokain Deal packen Wyatt und Billy die Geldscheine, zusammengerollt in einem Plastikschlauch, in den Tank von Captain America. Auf der Reise zum Mardi Gras Karneval in New Orleans, erleben die beiden Protagonisten verschiedene Eindrücke. So nehmen sie erst einen Hippie mit, der ihnen dann seine Kommune zeigt, später einen alkoholsüchtigen Anwalt der ihnen die Welt erklärt. 
Auf ihrem Weg begegnen die Locker Gechillten dann wie schwer sie es in der Gesellschaft eigentlich haben, weil sie Wert auf Freiheit legen. Alle reden nur von Freiheit, doch wenn diese von einzelnen Individuen ausgelebt wird, werden sie nicht nur blöd angemacht, sondern erfahren auch physische Penetration, welcher anscheinend keine humanen Grenzen gesetzt sind. 

Nachdem sie durch einen Deal zu schnellem Geld gekommen und zu reichen Männern geworden sind, wollen die zwei Biker erst mal Party auf einem Karneval machen und sich anschließend absetzen und die Freiheit genießen.
Allerdings macht ihnen das geliebte Amerika, bzw. dessen Einwohner einen Strich durch die Rechnung.
Weil sie machen was sie wollen und nicht als stupide Bildleser alles fressen, was die Gesellschaft ihnen vorsetzt, werden sie von Hotels als "uneincheckbar" gebrandmarkt, während Cops und Hillbillys sie zwangsamerikanisieren wollen.
Je weiter sie in die USA eindringen, je näher sie ihrem Ziel kommen, desto mehr merken Wyatt und Billy wie fehl sie am Platze sind. Ist ihr Traum überhaupt noch zu verwirklichen? Wie soll der auf sie gerichtete Redneck-Hass noch enden... ?
Das Ende des Filmes stellt ein Symbol für die Haltung augenscheinlich freiheitsliebender Menschen dar, die jedoch - ganz im Gegenteil - voreingenommen und eingesperrt in ihrer Kaste, jedes Individuum hassen, das kein Baumfäller-Hemd trägt.

Interpretation:
Wyatt Earp und Billy The Kid haben ihr Lebensziel verwirklicht: eine derbe Ladung Koks verkaufen um anschließend reich zu sein. Leider haben sie ihr Ziel so klein abgesteckt, dass sie keine Ahnung mehr haben, was danach zu tun ist. Also beschließen sie erst mal auf Mardi Gras dick feiern zu gehen und anschließend obdachlos zu werden.
Early Cheech & Chong auf der Suche
nach lebensbejahenden Cannabisingredienzen.
Auf dem Weg zum Festival lernen sie Aussenseiter der Gesellschaft kennen, freunden sich mit diesen an und merken wie schwer sie es eigentlich mit gesellschaftstreuen Bürgern haben. Dies bestärkt sie dabei lieber im Freien zu schlafen und Joints als Frühstück zu rauchen.
Eines Tages schlafen sie aber auf einem Feld, das dem regierenden Bauernchef gehört und werden dafür zur Rechenschaft gezogen. Von Knüppeln liebkost, flüchten sie dann aus dem besetzten Territorium und ziehen getreu der Nomaden Tradition weiter durch die Wüste.
Letztendlich treffen sie auf einer Landstrasse auf einen White Trash Pickup, dessen humaner Inhalt Billy The Kid zu einem Friseurtermin verhelfen will. Er aber lehnt ab, weil er der Barbiererei in freier Wildbahn höchst skeptisch gegenüber steht und muss sogleich bitter dafür bezahlen.
Diese uramerikanische Geschichte wartet mit einer Moral auf, die besagt, dass man immer ein geladene Waffe mit sich tragen und stets benutzen sollte, wenn einem der Sinn danach fehlt. So scheitern die Biker an ihrem Leben, weil die einzige Bewaffnung der Joint in der Hosentasche ist.


ANALYSE:

Landschaft:
Ganz genre-typisch fahren die Biker quer durch Amerika, hier von Westen nach Osten - quasi von link alternativ nach rechts konservativ. Immerzu gerade Highways, leere Strassen und Wind in den Haaren - dem Zuschauer wird die Freiheit sanft wie Sand in die Augen geweht.
Die Rider durchstreifen Wüstengebiete und kommen in verschiedene Staaten, was für den Hinterwäldler als exotischer Urlaub gilt. Dies spiegelt das Lebensgefühl der ersten Pioniere wider, die wahrscheinlich in den frühen Zeiten vor den unlockeren Indianern geflohen sind.
Die Sichtung dieses Streifens macht dem Zuschauer Lust auf mangelnde Körperhygiene, einen Rucksack voller Joints und das brummende Geräusch einer Harley.

Vehikel:
Die alten ausgedienten, umgebauten Polizei-Motorräder wurden extra für den Film customized und das noch vor Lebzeiten Xzibit's. Wyatt als Captain America fährt eine mit amerikanischer Flagge verzierte Maschine mit Rückenlehne für breite Stunden inklusive ausgedehntem Sekundenschlaf; Billy hat einen braunen Tankdeckel und seine Liegematte auf den metallischen Pferdearsch geschnürt. Ganz Harley Davidson, machen die Maschinen einen unglaublich brachialen Beschleunigungssound und geben ganz nebenbei eine klasse Optik ab.
Gerüchten zufolge, soll der finanziell angeschlagene Motorradproduzent durch den Film zu vielen Aufträgen und einem wirtschaftlichen Aufschwung gekommen sein - wer den Film gesehen hat, weiss warum.

Weggefährten:
Der erste Mitreisende ist ein Hippie, welcher die Biker in seine Kommune führt und dort 'versorgt'. Neben einem Einblick in das Leben der Blumenkinder, bekommen die Reisenden auch noch eine Ladung LSD mit, welche in geeignetem Moment eingenommen werden soll. Doch dazu später mehr.
Der nächste Gefährte ist ein ständig besoffener Anwalt. Jack Nickolson spielt diesen Mann, der aufgrund seines Amtes großen Einfluss auf die lokale Exekutive hat. So kann er die Biker aus einer misslichen Lage befreien. Er ahnt aber nicht, was er sich selber damit aufbürdet. Die Motorradfahrer zeigen ihm innerhalb kürzester Zeit, dass Alkohol nicht das einzige Vergnügen sein muss und wie ein Frühstücksjoint seine Lebenseinstellung verbessern kann. Dass das Zeug auch müde macht, hätten sie ihm ruhig sagen können. So würde er an einem der folgenden Abende nicht in zu tiefen Schlaf fallen und müsste die Reise nicht vorzeitig aufgrund von Kopfschmerzen beenden müssen.
Neben den zwei erwähnenswerten Charakteren, spielen Random Rednecks eine wichtige Rolle, aber über sie wurde oben schon ausreichend berichtet.

Musik:
Der Film bietet, für die damalige Zeit untypisch, Rockmusik, die nicht extra für den Film aufgenommen worden ist. So sind die Tracks häufig Klassiker und werden von Interpreten wie zum Beispiel Steppenwolf oder Jimmy Hendrix gespielt. Die Musik dürfte also vielen Schauwilligen bekannt sein. Der Score unterschtreicht insgesamt das Lebensgefühl der nicht gesetzeskonformen Biker und passt hervorragend zum Motorengeräusch der Vehikel, wie auch zu besagtem 'Frühstück' oder 'Abendmahl'.

Reisemotiv: 
Nachdem die zwei Radfahrer zu schnellem Geld gekommen sind, wollen sie erst mal auf das Karneval Festival in New Orleans und dort mächtig auf die Kacke hauen. Auf Mardi Gras angekommen, merken sie aber nicht, dass sie die einzigen Teilnehmer sind, welche sich auf motorisierten Gefährten fortbewegen. Zum Schutz der Bevölkerung werden sie dort aber von der GEMA vertrieben (Motormusik-Untermalung ohne Lizenz). Das Ziel war alles andere als unerreichbar, doch Wyatt und Billy haben nicht weiter in die Zukunft gedacht als bis zur großen Party. Nachdem diese für sie vorbei ist, reisen sie einfach so durchs Land. Umherstreunend auf den Strassen Amerikas, müssen sie aber feststellen, dass für sie kein Platz in der Gesellschaft ist. So finden sie ihr Ende auf einem Highway.

Sonderkategorie - Konsum:
In Easy Rider wird viel konsumiert. Deswegen lautet die spezielle Kategorie bei diesem Film Konsum. Neben den ständig qualmenden Joints die in unbeschränkter Anzahl in den Taschen der Biker nachwachsen, findet auch hochprozentiger Alkohol seinen Weg ganz easy in den Körper des Riders.
Die Abende unter freiem Himmel werden auf diese Weise um einiges lustiger.
Genauso wird das morgendliche Aufstehen zwar erträglicher aber nicht unbedingt schneller.
Doch das Sahnestück der Konsumerei stellt ein Psychedelikum aus der Hippie-Hochburg dar. Der erste Begleiter schenkt den Reisenden eine Portion LSD - für vier Personen. Dies wird dann an einem abgelegenen und sehr ruhigen Ort konsumiert. Das Setting wird an dieser Stelle zwar nicht direkt verraten, doch kann es wahrscheinlich keine angenehmere Kulisse geben, um seinen Gedanken freien Lauf zu lassen, sich von der Umgebung einnehmen zu lassen und die positiven Vibes toter Menschen zu spüren.
In Summe ist der Konsum in diesem Film ein wichtiges Element und allgegenwärtig. Der Wunsch nach Freiheit, bezieht auch die Flucht aus der nüchternen und damit vielleicht langweiligen Wirklichkeit mit ein - vielleicht treibt der Zustand auch die Reise an. Doch obwohl so viel Zeug genommen wird, werden Drogen nur als ein Nebenbei dargestellt.



DIAGNOSE:

Der Film über ein bestimmtes Lebensgefühl im Sinne der Freiheit, wird zurecht als Klassiker bezeichnet.
Er gilt als Paradebeispiel für Road Movies, Product Placement, Jointbau-Architektur und für kreative Auswahl geeigneter Absteigen und Motorräder.
Wer Abenteuern nicht abgeneigt ist, aber nur zum CD-Wechsel von seiner Couch wegkommt oder an Agoraphobie leidet, könnte hier Ersatz für frische Luft finden und weite Ebenen finden.
Neben dem ungebundenen und freien Lebensstil der damaligen Zeit zeigt der Film auch eine kurzsichtige und intolerante Seite Amerikas.
Damit wird das Bild einer widersprüchlichen Gesellschaft gezeichnet, die zwar behauptet Werte wie Freiheit zu schätzen, sich aber tatsächlich von einer all zu öffentlichen Auslebung derselbigen bedroht und in die Ecke gedrängt fühlt.

Diese Filmperle wird klar empfohlen für Zuschauer jeglicher Kaste, Nation und Weltanschauung!
Also: DVD Player ölen, Laufwerk befüllen und ab dafür!

2 Hasst uns! Beschimpft uns! Lasst es raus!:

[Retro]Bennemann hat gesagt…

Allein schon wegen dem Soundtracks sehe ich den immer wieder gerne. Und ein frueher Jack Nicholson geht natuerlich auch immer.

Klasse Artikel ueber den Film, habe beim Lesen viel gelacht.

http://retrobennemann.blogspot.de/

Bartel - Der Dranzer hat gesagt…

Schön das wir noch Menschen zum Lachen bringen können und schön das es noch Leben da draußen in unserer Kommentarwüste gibt. Freut mich. Schöner Blog übrigens .